Neue Lernräume gestalten

…war das Motto des siebenten Educamps, welches Interessierte aus den verschiedensten Bildungsbereichen nach Bremen lockte. Hauptaugenmerk war das Lehren und Lernen mit digitalen Medien.

Dem Educamp vorgeschaltet, war am Freitagnachmittag  die Veranstaltung media@school. Bremer Schulen und Lehrerausbilder/-innen präsentierten Medienprojekte, die zum nachahmen animieren soll(t)en. In vier Stunden (inkl. einer Kaffeepause) wurden alle Teilnehmer mit sehr viel Information vollgestopft. An dieser Stelle nehme ich schon einmal vorweg, dass ich es schade fand, dass man mit den Projektleitern nicht diskutieren konnte – wenn überhaupt war nur eine Frage möglich. Dennoch möchte ich all denen, die nicht dabei waren, die spannenden Projekte vorstellen.

Prof. Dr. Karsten D. Wolf stellte draufhaber.tv vor. Ganz nach dem Ausspruch „Ressourcenorientierung statt Defizitbearbeitung“  versuchen die Betreiber den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, ihre Kompetenzen in den Vordergrund zu stellen. Die Heranwachsenden produzieren sogenannte „Erklärvideos“. Sie erläutern die Themen, in denen sie Experten sind. Es gibt drei Kategorien:

  • Performancevideos (Draufhaber ) – hier zeigen Jugendliche Hip-Hop-Auftritte, sportliche Kunststücke vom Skateboarden etc.
  • Erklärvideos (Durchblicker) zu Lerninhalten ganz nach der Methode Lernen durch Lehren
  • Meister-Remixes (Lehrende/ Ausbilder)

Angesprochen wird hier vor allem der audiovisuelle Lerntyp. Ebenfalls wird bei diesem Konzept verfolgt, dass die Lernenden ihre Lernprozesse dokumentieren sowie sich eine Art Videoportfolio erstellen, welches bei der Bewerbung von Vorteil sein kann.

Henning Brandt zeigte anhand „Robotik in der Schule“ wie spannend Informatik für Jungen und Mädchen sein kann. Speziell gibt es für die Mädchen „Roberta“ oder „RoboDance“. Ziel dieses Projektes ist es, einen spielerischen Zugang zur Informatik zu bekommen sowie die Programme zu verstehen.

Vom Informatikunterricht ist der Weg nicht weit zur Mathematik. Dr. Reimund Abers und sein Team stellten das Netzwerk Mathematik und Computer sowie die Anwendung „Geogebra“ vor. Leider spielte nicht immer die Technik mit, was den Vortrag leicht trübte. Nur soviel: Das Programm scheint v.a. für Funktionen und höhere Mathematik geeignet zu sein.

Nach der Kaffeepause, welche ich nutzte, um im Hotel einzuchecken, kamen endlich auch mal Schüler zu Wort. Via Twitter wurde bis dahin schon mehrfach gefragt, ob sich denn die Lerner auch äußern. Die Medienprojekte waren sehr vielfältig – von Videoprojekten über interaktive Animationen und Simulationen mit Hilfe von eduMedia bis hin zu Fotoprojekten an der Wilhelm Wagenfeld Schule war alles vorhanden. Anschließend stellte Anja Ross makemedia at school vor. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist es ein Teil des Landesmedieninstituts Bremen, welches sich v.a. mit dem Umgang digitaler Medien befasst. Den Abschluss bildete der Vortrag von TechKreativ. Hier wurde berichtet wie man Technik kreativ nutzen kann, u.a. wurde eine Handtasche hergestellt, die bei Diebstahl anfängt zu piepen.

Ab 18 Uhr bot die Edulounge eine angenehme Atmosphäre Gespräche mit den ersten Educampern zu führen, neue Leute kennenzulernen oder den Nachmittag setzen zu lassen. Es wäre aber nicht ein Educamp Warm-Up, wenn es nicht noch eine Überraschung gegeben hätte. Highlight des Abends war das von Jöran entwickelte Google-Quiz. Zunächst formten wir sieben Gruppen mit max. sechs Mitspielern. Ich hatte die Ehre im Team 42 (Name gab sich jedes Team selbst) zu sein, welches den 3. Platz belegte. Ziel des Spiels war es die Google-Suche zu verstehen. Wir bekamen verschiedene Aufgaben, die entsprechend bepunktet wurden. Bei einer Aufgabe mussten wir Wörter so verlängern, dass man mindestens einen Treffer landet. Bei einer anderen Aufgabe mussten wir zwei Wörter zusammenfügen und möglichst die meisten Treffer hervorrufen. Wenn ich mich recht erinnere hatten alle mit „Bremen Werder“ mehr Einträge als wir mit „Bremen Stadtmusikanten“.

Es ist nicht übertrieben, wenn ich euch sage, dass alle Gruppen viel gelernt haben, der Ehrgeiz zu gewinnen schnell geweckt war und der Spaßfaktor nicht zu kurz kam. Auch wenn ich nicht gewonnen habe (ich bin eine schlechter Verliererin), so wurde doch meine Kreativität herausgefordert und mein Spieldurst vollends befriedigt.

Nach einer erholsamen Nacht im Munte Hotel, der altbekannten Vorstellungsrunde und der Sessionplanung  begann ein überwältigendes Educamp. Zu allererst möchte ich hier mein Lob an das Organisationsteam aussprechen. Zu jeder Zeit war jemand vom Team da, um Fragen zu beantworten, technischen Support zu leisten oder einen einfach anzulächeln. Da man hier den vollständigen Sessionplan einsehen kann, werde ich nur die Beiträge beschreiben, denen ich aktiv beiwohnte.

Mein Plan für Samstag und Sonntag:

  • Alte Lehrer  und neue Medien – wie finden sie zueinander?
  • 3 D-Learning in virtuellen Welten
  • iPad-Klasse in Köln
  • Wie müssen Aufgaben formuliert sein in Zeiten von Wikipedia und Internet, damit die SuS nicht nur Copy&Paste vollziehen?
  • Reflexion Google Quiz
  • Mitgliederversammlung Educamp e.V.
  • Educaching
  • Wie sieht lehren in der Zukunft aus?
  • Future of Educamp

Am Rande sei noch angemerkt, dass ich Fotos und Videointerviews durchgeführt habe. Ihr seht, diese Unkonferenz bietet unendliche Betätigungsfelder. In meiner ersten Session, geleitet von Ruth Scheffler, wurde heiß debattiert wie denn Lehrer – ganz gleich ob schon betagt oder frisch von der Uni – einen Zugang zu den neuen Medien bekommen? Diese Debatte kocht immer mal wieder auf und ich dachte nach sieben Veranstaltungen hat sich etwas geändert, aber ich wurde eines besseren belehrt. Es ist noch immer eine Kluft zwischen den Lehrern, die das Potenzial der digitalen Medien erkannt haben und denen, die diese weitestgehend ignorieren. Geändert hat sich nur folgendes: Die fortschrittsorientierten Lehrer setzen Wikis, Blogs, Podcasts, Google Docs u.v.m. in ihrem Unterricht ein und haben aufgehört zu missionieren. Die Erfahrungen von Rene und Felix haben gezeigt, dass die Lehrer von allein nachfragen, wenn sie denn Interesse haben. Eine Aussage von Lisa war sehr gut: „Du kannst niemanden das Schwimmen beibringen, wenn du nicht selbst schwimmst.“ – Recht hat sie. Vor über fünf Jahren war ich von meinen Didaktikkursen enttäuscht. Dies führte dazu, dass ich meinen Blog startete. Mit ganz kleinen Schritten habe ich begonnen dieses Medium kennenzulernen. Stück für Stück habe ich ein neues digitales Medium kennengelernt. Mittlerweile produziere ich Videos, schneide diese selbst, habe erste Podcast-Gehversuche gestartet und seit einem Jahr befasse ich mich mit dem Potenzial von Wikis. Angemerkt sei hier, dass ich meine Kenntnisse größtenteils durch Ausprobieren und Nachfragen bei Freunden erworben habe. Also liebe Lehrer da draußen, scheut euch nicht davor – die neuen Werkzeuge beißen nicht!

Tobias Würtz stellte die Möglichkeiten des 3D Lernens vor. Wer schon einmal von Second Life gehört hat, kann sich ungefähr vorstellen, wie so eine virtuelle Welt aussieht. Man kreiert sich einen Avatar und begibt sich entweder in einen Raum, der der realen Welt fast identisch ähnelt oder baut sich seine Fantasiewelt. Ziel ist es Menschen an verschiedenen realen Orten im Netz zusamenzubringen und sie mit Situationen zu konfrontieren, die in der realen Welt nicht immer nachahmenswert sind.

Nach dem Mittagessen hatte ich die Chance, Andre Spang mittels einer Skypekonferenz in meine Session dazuzuschalten. Er stellte kurz vor, wie es dazu kam, dass ein relativ armes Kölner Gymnasium 20 iPads anschafft. Finanziert wurden diese vom Förderverein. Aktuell sind die Tablet-PC´s zwei Monate im Einsatz. Bei den Schülern und Lehrern werden diese neuen Lernumgebungen mit Begeisterung angenommen, auch wenn sie nicht personalisiert genutzt werden können. Ein konkretes didaktisches Konzept wird parallel zu dem Einsatz ermittelt. Welche Gehversuche gemacht wurden und werden, ist hier nachzulesen.

Direkt nach meiner Gesprächsrunde hat Torsten Larbig eine Diskussion mit dem Thema „Wie müssen Aufgaben formuliert sein in Zeiten von Wikipedia und Internet, damit die SuS nicht nur Copy&Paste vollziehen?“  initiert. Zu Beginn waren alle erstmal relativ still, doch nach knapp 10min schien das Eis gebrochen und wir wurden kreativ. Gemeinsam haben wir, vor dem Hintergrund der Rahmenlehrpläne, Aufgaben formuliert, die allen gerecht werden. Die Schüler können im Web recherchieren, Internetkompetenz erwerben und zusätzlich an Sprach- und Urteilskompetenz arbeiten. Da ich ja aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich komme, stelle ich euch dazu eine passende Aufgabe vor, in der Hoffnung, dass die Teilnehmer anderer Fächer die Aufgabenformate ins Netz stellen, die dazu passen. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass die Schüler Gedichtinterpretationen nicht neu erfinden müssen, schließlich sind jene ja literaturwissenschaftlich rauf und runter interpretiert worden. Stattdessen kann man nun den Schülern sehr einfach Aufgaben stellen, die den kognitiven Prozess anregen, aber auch eine Transferleistung abverlangen. So war die Idee, dass die Schüler im Netz nach Interpretationen zu dem jeweiligen Gedicht suchen, diese miteinander vergleichen und abschließend begründen warum sie der einen oder anderen zustimmen.

Damit der Beitrag nun nicht noch länger wird, stelle ich euch nur noch zwei Beiträge vor. Guido Brombach entwickelte anhand von Geocaching ein Konzept für das Educaching. Dies bietet eine optimale Lösung für einen neuen Lernraum. Grundsätzlich findet es im Freien statt. Die Schüler gehen auf eine Art „Schnitzeljagd“.  Während sie versuchen den Cache zu finden, lösen sie verschiedene Aufgaben, lernen ihren Heimatort von einer anderen Seite kennen und werden mit Situationen konfrontiert, die sie selbstständig lösen. Educaching ist v.a. für Erdkunde und Geschichte geeignet. Aber je nach dem wie kreativ man ist, kann jedes Unterrichtsfach involviert sein. Persönlich würde ich Educaching Schülern ab einem Alter von 12 Jahren empfehlen.

Der Sonntag wurde mit der Session „Future of educamp“ beendet. Hier hat ein Großteil der Teilnehmer das aktuelle Educamp reflektiert, Kritik und Wünsche für das kommende Educamp in Bielefeld geäußert. Normalerweise fängt man ja Kritik mit positiven Äußerungen an, aber ich werde das Prinzip tauschen, da ich diesen Beitrag positiv enden lassen möchte. Was mir persönlich negativ aufgefallen ist, sollte auch als Vorschlag oder Anregung für das nächste oder die kommenden Veranstaltungen verstanden werden. Es ist toll, dass sich immer mehr Sponsoren für das Educamp begeistern lassen, aber ich finde es schade, dass die Sponsoren nicht auch ihr Netzwerk nutzen, um darauf aufmerksam zu machen. Als Sponsor muss man ja nicht in den Vordergrund rücken, dass man der Geldgeber ist, sondern vielleicht mitteilen, warum man solch eine Veranstaltung unterstützt. Auch wenn diesmal wieder neue Gesichter zu sehen waren, so waren doch viele bekannte Gesichter vor Ort. Dies lässt den Anschein wahr werden, als würden wir nur im eigenen Saft schmoren. Daraus resultieren auch ab und an, die sich wiederholenden Themen. Ich würde mir wünschen, dass man den Sessionleiter weniger in den Vordergrund stellt, sondern mehr die Gruppe hervorhebt. Schließlich steht das Educamp ja für ein gemeinsames Arbeiten und nicht für das Profilieren Einzelner. Deshalb würde ich es begrüßen, wenn man gemeinsam didaktische Ideen mit den digitalen Medien entwickelt oder ähnlich wie Thomas es gemacht hat, über konkrete Erfahrungen berichtet. Oftmals sind die Sessions nicht sehr tiefgründig und ich glaube, dass Neulinge und Unerfahrene dann nicht viel mit nach Hause nehmen.

So nun hab ich genug kritisiert. Jetzt folgt meine Lobeshymne: Es hat mich gefreut, dass die kreativen Bezeichnungen der offenen Lernräume, wie „Wissensdurst, Geistesblitz, Geniestreich oder Eselsbrücke“ wieder aufgenommen worden sind. Ebenso beeindruckt haben mich die technische Ausstattung, die köstliche Verpflegung, die herzliche Betreuung sowie die Idee einen Webshop einzurichten. Doch darüberhinaus war ich von den Events an den beiden Abenden begeistert. Das Spiel am ersten Abend animierte zum Kennenleren, die Twitterlesung erheiterte die Gemüter nach einem informationsreichen Tag und stimmte auf die Abendparty ein. Ich weiß nicht, wie es Thomas geschafft hat, aber er hat die Newcomer Band Avery Mile dazubekommen, ihr neues Album vorzustellen. Spät nachts ist dann der harte Kern noch in der „Lila Eule“ abgestiegen und hat den Abend feuchtfröhlich ausklingen lassen. Ein wenig bin ich ja erleichtert, dass ich nicht diejenige bin, die nun das nächste Educamp organisieren muss, denn die Erwartungen sind hochgeschraubt. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns alle beim nächsten Mal wiedersehen und vielleicht bewegen sich die Bildungsmühlen in Deutschland ja doch noch etwas schneller.

Hier sind noch ein paar witzige Schnappschüsse:


10 Kommentare zu „Neue Lernräume gestalten“

  1. Hallo Melanie,
    hab‘ den Bericht ‚überflogen’… wenn ich es richtig sehe, hast Du den Beitrag vom mobilen Lernen des Herrn Ballnus in Deinem Bericht nicht aufgenommen. Das spricht für sich. Es wurde ja auch Kritik an diesem Medientag und der Gestaltung = Vorträge laut. Für mich war es das erste EduCamp – ich habe massenhaft mitgenommen. Vermutlich werden sich die Themen oft ähnlich sein und wenn zu jedem EduCamp 25% ’neue‘ hinzukommen, dann ist das ein Erfolg, meine ich. Viele Grüße aus Bremen.

  2. Obwohl ich mich (privat) durchaus als technikbegeistert bezeichnen würde, bin ich als Lehrer nach wie vor skeptisch, was den vermehrten Technikeinsatz in der Schule angeht. Wo liegen denn die Vorteile der Technik? In meinem lange zurück liegenden Referendariat wurde bei jeder Planung von Unterricht zuerst die Fragen der Didaktik beantwortet, bevor über die Methoden zur Erreichung eines Ziels gesprochen wurde.

    Ich erkenne noch nicht den Nutzen für die Didaktik, es liegt mir viel zu viel Gewicht auf der Methode, wenn ich von Schule2.0 usw. höre. Es erinnert mich alles sehr an frühere Diskussionen über Projektunterricht – Riesen Potential, aber in den Augen der Lehrer einfach uneffektiv, wenn man sich wieder mit der Realität der curricularen Vorgaben auseiandersetzen muss. Und wieviel Aufwand (im Verhältnis zum späteren Nutzen) z.B. in einem selbst produzierten Video steckt, weiß jeder, der das schon mal gemacht/versucht hat…

    In dem Beitrag heißt es an einer Stelle ganz passend: „Leider spielte nicht immer die Technik mit, was den Vortrag leicht trübte.“
    Und das ist ein weiteres Hauptargument gegen einen ausgedehnten/favorisierten Technikeinsatz in der Schule: Technik ist nicht verlässlich.
    Jeder Lehrer, der sich schon mal mit einem defekten Overhead-Projektor konfrontiert sah, auf den man sich verlassen hatte, wird wissen, was ich meine.

    Technik macht das Lehren komplizierter. Dieser zusätzliche Aufwand muss durch einen pädagogischen Mehrwert gerechtfertigt sein, wenn die Medien nicht zum Selbstzweck werden sollen. Es müssen Lösungen her, die das im Beitrag beschriebene Potential der Technik leicht nutzbar machen, und so die neuen Medien konkurrenzfähig zum konventionellen Unterricht machen. Älteren Kollegen würde ich keinen Vorwurf machen, wenn sie Experimente erstmal skeptisch beobachten, bevor sie selbst anfangen ihre Freizeit und Energie für etwas Neues aufzuwenden.

    Ich bin nicht technikfeindlich und hätte gerne eine digitale Schule, aber ich wüsste nicht, wie ich die Funktionsfähigkeit und den Nutzen garantieren könnte. So steinzeitlich das klingt: Tafel, Kreide und Schulbücher sind immer verfügbar und man kann wunderbar damit lehren und lernen.

  3. „Die fortschrittsorientierten Lehrer setzen Wikis, Blogs, Podcasts, Google Docs u.v.m. in ihrem Unterricht ein und haben aufgehört zu missionieren.“ – Genau das ist der richtige Weg. Missionieren bringt gar nix, ist eher kontraproduktiv. Was wirkt: Als gutes Beispiel vorangehen, einfach machen, und dadurch neugierig machen. Man muss Interesse „wecken“.

    Danke für den schönen Bericht und die Videos!

  4. @ Herr Schwarzmüller
    Ich möchte Ihnen da zustimmen. Ich habe auch versucht die neuen Medien vermehrt in den Unterricht einzubauen. Zuerst war ich von den neuen White- oder auch Smartboards total begeistert. Inzwischen habe ich es aufgegeben, es im Unterricht einzusetzen. An unserer Schule haben wir ein praktisches, weil mobiles Whiteboard. Dachte ich jedenfalls. Aber das ist gerade das Problem. Welch ein Aufwand, dieses Teil für eine manchmal nur kurze Unterrichtsphase startklar zu kriegen. Ich habe es wirklich versucht, aber irgendwas war immer. Mal hat das Schullaptop meinen USB-Stick nicht akzeptiert, mal waren die Passwörter des Schullaptops nicht verfügbar, dann war die Verlängerungsschnur schon von einem Kollegen ausgeliehen usw. Mittlerweile habe ich einfach keine Lust mehr den Aufwand für z.B. unsere Topografie-Whiteboard-Software zu betreiben. Den Schülern macht es zwar Spaß, die Hauptstädte „per Hand“ den Bundesländern zuzuordnen, aber für mich ist es dann doch einfacher und schneller so etwas auf dem OHP zu machen.
    Es bleibt der utopische Wunsch nach einer technisch zuverlässigen Vollausstattung für jeden Klassenraum, jeden Schüler und jeden Lehrer – natürlich alles 100% kompatibel.

  5. Ich denke auch überzeugende Praxisbeispiele sind besser als Missionierungsversuche. Von „Fortschrittsorientierung“ würde ich nicht unbedingt sprechen, da klingt für mich persönlich zu stark eine naiver Fortschritts“optimismus“ durch, aber das ist ja nicht der Punkt hier… leider, so zumindest mein Eindruck, wird oft und viel (zum Teil begeistert) über (neue) Technik diskutiert, das kann dann in der Tat einen falschen Eindruck erzeugen: Dabei geht es nicht um Technik oder einzelne Medien/Werkzeuge, sondern um einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, was die Rezeption, Organisation und Produktion von Information(en) angeht, der auch die Schule mit neuen Herausforderungen konfrontiert und bei dem sich dann eben die Frage stellt, wie Schule auf diese Veränderungen und Herausforderungen reagieren kann und sich selbst verändern muss.
    In meinem Blog habe ich dazu vor kurzem einen schönen Satz gelesen, der einen Teil des Problems auf den Punkt bringt: Wenn ich die Antwort zu einer Aufgabe innerhalb von Sekunden mit Google finden kann, dann ist nicht Google schlecht, sondern die Aufgabe. Und genau hieran gilt es in den Schulen zu arbeiten….

  6. @ Daniel Eisenmenger
    Vielleicht hätte ich meine Ansicht auch eher so wie Sie etwas diplomatischer formulieren sollen. Mir liegt daran aufzuzeigen, zu warnen, dass nicht alles, was neu ist, auch besser ist.

    Natürlich bewegt sich Schule mit dem Technikeinsatz mehr in Richtung unser aller Lebenswelt und schon lange ist es festgeschriebenes Ziel der meisten Fächer die Medienkomptenz der Schüler auszubilden. Dass das nur mit Medien geht, ist auch klar. Dennoch sollte genau abgewägt werden, ob jeder Hype der Medienwelt in die Schule getragen werden sollte. Ich selbst habe auch mit Schülern an Wikis geschrieben und gebloggt. Soll ich nun auch mal mit ihnen twittern? Wikis können sicher im Sinne des Lernens durch Lehren nützlich sein, aber sind sie es auch für den Leser? Und hat nicht schon die gute alte Wandzeitung einen ähnlichen beschränkten Zweck erfüllt? Werden die Schüler durch das Schreiben eines Wikis tatsächlich kompetenter im Umgang mit Medien jenseits des Wissenserwerbs einer bestimmten Syntax?
    Als Lehrer setzte ich die Medien gerne ein, um Arbeitsabläufe effizienter gestalten zu können. Meine Hoffnung ist irgendwann das papierlose Klassenzimmer zu verwirklichen – aber das hat z.B. mit besserem Unterricht noch nicht viel zu tun.

    Ich glaube der Drang des Missionierens bei vielen ‚technikvernarrten‘ Kollegen liegt darin begründet, dass radikalere Technisierungsprojekte nur verwirklicht werden können, wenn die Kollegen und die Schulleitung mitziehen auch sie Geld und Engagement für eine neue Idee bereit stellen.

  7. Angekommen sein werden wir mit Schule erst dann, was den „Technikeinsatz“ angeht, wenn Schüler und Lehrer ihre digitalen Werkzeuge einsetzen, wann und wo und wie sie es im gegebenen Zusammenhang für erforderlich und sinnvoll halten. Für mich ergibt es wenig Sinn, wenn alle auf Kommando ihr Notebook aufklappen und damit arbeiten, weil die Lehrperson es gerade für notwendig erachtet.

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