Mit dem Motto „Shift happens“ fand zum dritten Mal die Republica statt. Von Kunst, Medien und Kultur über Politik und Technik bis zu Entertainment bot die Republica09 ein breites Themenspektrum rund um die digitale Gesellschaft.
Wie viele andere teilnehmenden Blogger zog es auch mich zu dieser Konferenz. Meine Interessensschwerpunkte konzentrierten sich vor allem auf die Politik- und Bildungssessions. Ich wollte wissen, was sich bei diesen Sektoren bereits verändert hat. Außerdem habe ich mir Veranstaltungen zu technischem Fortschritt angesehen, um meinen Horizont etwas zu erweitern sowie das allabendliche Kulturprogramm nicht entgehen lassen.
Mehr und mehr scheint sich das Microblogging in der Gesellschaft durchzusetzen. Auch mich hat das Twitterfieber gepackt, doch welchen Mehrwert bietet Twitter eigentlich? Das wollte ich im Panel „Großstadt-Nomaden – Mobiles Microblogging“ herausfinden. Der Titel ließ allerdings mehr erwarten als was letztendlich geboten wurde. Schade! Mir erschien es so, als wären die Redner – Cem Basman, Marco Kaiser und Max Winde – von den führenden Smartphoneherstellern engagiert worden. Nach der Produktvergleichsveranstaltung weiß ich nun, dass ich mir weder das G1 noch das iPhone oder ein Blackberry zulegen werde. Was haben aber all diese Kommunikationsmittel gemeinsam? – Man kann auf die eine oder andere Weise von jedem Ort in 140 Zeichen eine Message absenden. Demnach war das Fazit dieses Panels: „Twitter ist die Klowand des 21. Jahrhunderts“.
Der erste Abend wurde kulturell mit einer Showeinlage und dem „SchwuleMädchen-Soundsystem“ beendet. Moderiert wurde „re:search – Deutschland sucht“ von Johnny Haeusler und Nilz Bokelberg. Der Mix aus „Wer wird Millionär“ und Deutschlands bekanntester Castingshow führte zu einem Amüsement der Zuschauer. Der Ausklang in der Kalkscheune war für mich etwas ernüchternd. Denn „Fettes Brot“ hat keinen ihrer bekannten Hits über den digitalen Turntable – besser bekannt als iPod – laufen lassen. Vielleicht war dies auch Absicht, denn so konnte jeder, mich eingeschlossen, interessante Gespräche führen und das Netzwerk des Bekanntenkreises pflegen.
Am zweiten und dritten Tag gab es einige Panels, die sich aus der politischen und pädagogischen Perspektive mit der digitalen Gesellschaft befassten. Da wir ja alle wissen, dass uns ein Superwahljahr bevorsteht, besuchte ich die Session „Politischer Diskurs im Superwahljahr 2009“. Hier stellten fünf Studenten der UdK ihr Abschlussprojekt des Studiengangs Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation – die Wahlkampfarena – vor. Als Special Guest haben sie den Leiter der Öffentlichkeitsarbeit von Bündnis90/die Grünen, Robert Heinrich, an ihrer Seite dabei gehabt. In Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung Freitag soll eine politische Diskursplattform im Wahljahr entstehen. Hier sollen die User aktiv an politischen Debatten teilnehmen können. Darüber hinaus wurde debattiert wie glaubwürdig ein Politiker ist, wenn er im Netz unterwegs ist, u.a. wurde mit Robert Heinrich kritisch hinterfragt, ob ein Politiker bei Facebook oder Twitter den ganzen Tag aktiv sein sollte oder ob es nicht wichtigere Aufgaben für ihn zu lösen gibt. Die Antwort war, dass die Blogs, Youtube-Inhalte oder Communityaktivitäten kaum von einem Politiker selbst kommen, sondern das diese Netzaktivität meist Angestellte der Öffentlichkeitsarbeit ausführen. Wer sich also im Superwahljahr informieren möchte, dem seien hier noch drei weitere spannende Webseiten empfohlen.
- 1. Politik.de
- 2. Abgeordnetenwatch.de
- 3. Mitmischen.de
Bei „Aufgewachsen mit dem Netz„ äußerten sich die Schüler Timo Heuer (17 Jahre) und Christopher Koch (14 Jahre) sowie Lisa Rosa, Lehrerin mit 20-jähriger Berufserfahrung, zu ihren Erkenntnissen mit dem Umgang des Internets. Mit ihrer jugendlichen Art und pfiffigen Antworten war dieses Panel sehr erfrischend. Auch wenn im Grunde nichts Neues über die Handhabung des Internets der sogenannten Digital Natives herauskam, so wurden meine Wahrnehmungen jedoch bestätigt. Ein Gros der Jugendlichen kennt die Suchmaschine Google, kann sich bei SchülerVZ vernetzen und bei Wikipedia Referate vorbereiten. Was aber darüberhinaus geht bzw. was dahinter steckt, wissen sie oftmals nicht. Das einzige was man ihnen zuschreiben kann, ist dass sie viel unvoreingenommener, wenn nicht sogar naiv, mit diesen Werkzeugen umgehen.
Gedanken dazu, wie man nun als Pädagoge mit dem „Shift“ der Medien bzw. mit dem gesellschaftlichen Umbruch umgehen kann, präsentierte Lisa Rosa im Panel „Ne(x)t Generation“. Einleitend berichtete sie vom Ist-Zustand unserer Gesellschaft. Gegenwärtig leben wir in einer Übergangsgesellschaft in der die alten Medien nicht verschwinden, sondern einen neuen Platz suchen. Die Möglichkeiten, die das Internet und die Web2.0-Werkzeuge bieten, eröffnen neue Wege Probleme kreativ zu lösen. Ein Ansatz den Lisa verfolgt ist die Idee eines neuen Lernbegriffs – Lernen2.0=Netzlogik. Dieses vernetzte Lernen findet mit den neuen Informations- und Kommunikationsmedien statt. (siehe Folie 24) Hier ist nochmal der Vortrag in Stichworten nachzulesen:
Nach so viel Theorie hab ich mich dann auf mehr Praxis gefreut und die Panels „Jugendbildung – soziale Software“, „Schulen ins Netz“ und „Lernen und Lehren2.0“ angesehen. Doch um es schon einmal vorweg zu nehmen, auch hier waren die Sessions sehr theoretisch, aber informativ. Im Rahmen der Jugendbildung und der Förderung von Medienkompetenz wurden drei Webseiten in rasantem Tempo vorgestellt. Das gemeinnützige Projekt Cyberland fokussiert handlungsorientierte Medienpädagogik. Die zweite Webseite – Radijojo – bei der Angela Merkel Schirmherrin ist, vereint Demokratieerziehung, Musikerziehung und Umweltbildung. Das dritte Projekt – Netzcheckers – gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bietet den Eltern, Lehrern und natürlich den Jugendlichen die Chance in einem geschützten Raum die Vielfalt des Web2.0 zu erproben. Die beiden anderen Veranstaltungen lieferten nichts Neues, sondern brachten nur das zur Sprache, was man auch schon in Fachzeitschriften oder der Tagespresse zu lesen findet. In der heutigen Zeit hat sich das Lernen verändert, neue Lernformen etablieren sich und der Medieneinsatz wird vielfältiger. In der anschließenden Diskussion wurden kurz die Probleme angesprochen, mit denen sich engagierte Lehrer auseinandersetzen müssen. Zum einen fängt es schon mit einer defizitären Lehrerausbildung bezüglich des Nutzens von Neuen Medien an, zum anderen sind viele Schulen noch gar nicht auf den aktuellen Standard gebracht oder das Lehrerkollegium mit der neuen Form des Unterrichtens überfordert, weil ihnen teilweise die Fortbildung in dem Bereich fehlt oder Desinteresse vorhanden ist.
Nach all diesen informativen Sessions wurden die Republicaner mit einem seichten Abendprogramm unterhalten. Am Donnerstagabend bekam man ein skurriles Theaterstück „Monochrome Show“ und eine „Twitterlesung“ geboten. Die Idee, die Twitterlesung thematisch zu gliedern, gefiel mir sehr gut. Allerdings wurden jeweils in den Kategorien immer Tweets von denselben Verfassern vorgetragen und witzige Pointen gab es auch nur vereinzelt.
Nach dieser doch sehr ausführlichen Zusammenfassung wird mein Fazit dafür umso prägnanter. Ich habe neue und alte Kontakte geknüpft und habe die Hoffnung, dass sich in naher Zukunft im Bildungssystem einiges verändern wird. Zur Republica an sich bleibt nicht viel zu sagen. Ziel war es den „Shift“ in der digitalen Gesellschaft zu diskutieren. Leider wurde nur das altbekannte wiedergekaut und nur an der Oberfläche gekratzt. Soweit ich es also mitbekommen habe, ist das „Shift happens“ wohl noch in den Kinderschuhen. Schließlich wurde während der drei Tage nur in eigenem Saft gekocht, gelesen und diskutiert. Wie sagt man im Schulfachjargon so schön: Die Transferleistung für das Prädikat sehr gut fehlte. Ich fand es sehr schade, dass der Praxisbezug zu kurz kam – wie sieht denn z.B. solch ein gewandelter Unterricht nun aus? Welches Handwerkszeug sollten Lehrer/innen beherrschen? Aber vielleicht ist der Rahmen der Republica auch der falsche und für solche Themen dann doch das Educamp die Anlaufstelle Nr.1
Hi, danke fürs embedden der Folien! 🙂
Ja, erstaunlich, dass diese klassische Kongressform mit Vorträgen, Podien, „Workshops“ auch hier stattfand. Ich persönlich liebe ja Vorträge und Theoretisches – wenn man denn auch Zeit hat, darüber zu diskutieren. Ich würde mir aber auch wünschen, mal wieder Workshops zu haben, in denen man selbst etwas ausprobieren oder intensiver Erfahrungen austauschen kann.
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